Vor dem Beschluss für das geplante Wohngebiet rund um die jetzige Himmelspagode (“Masterplan”) müssen aus Sicht der Liberalen in Hohen Neuendorf mehr Experten, die Grundstückseigentümer sowie die Bürgerinnen und Bürger stärker eingebunden werden. Sonst drohten unter anderem eine Spaltung der Stadtgesellschaft und ein Verkehrskollaps.
„Wir dürfen Wohnungsbau nicht um jeden Preis betreiben“, mahnt der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Erhardt-Maciejewski zu mehr Augenmaß beim geplanten Wohngebiet rund um die Himmelspagode. „Egal, wie viel wir bauen, den Zuzugsdruck von drei Millionen Berlinern werden wir nie abmildern können“, so der Liberale, der „achtgeschossiges Bauen in Hohen Neuendorf für ein absurdes Szenario“ hält. Seine Fraktion fürchtet, dass die Pläne „mit der Brechstange“ noch vor den Kommunalwahlen in der Stadtverordnetenversammlung durchgedrückt werden sollen. Das sei nicht nur ein fatales Signal in Sachen Bürgereinbindung sondern auch inhaltlich „völlig verantwortungslos“.
Verkehrskollaps auf der B96 verhindern!
„Viele Punkte sind noch gar nicht bedacht“, erläutert auch sein Fraktionsvize Mathias Münch etwa mit Blick auf die Verkehrssituation. „Es gehört bei einem Projekt solcher Größe zwingend dazu, von Beginn des Prozesses an einen Verkehrsplaner einzubeziehen“, so Münch. Selbst der Landkreis als Verkehrsbehörde sei noch nicht Teil des Verfahrens.
„Wir wissen, dass mit jeder Wohnung in Oberhavel im Schnitt 1,8 Autos dazu kommen. Bei 800 Wohneinheiten wären das 1500 zusätzliche Fahrzeuge“. Schon jetzt drohe auf der B96 jedoch regelmäßig ein Verkehrskollaps. Münch will daher auch die Deutsche Bahn in den Ausschuss einladen um zu erörtern, ob langfristig etwa eine Verlegung des Bahnhofs Hohen Neuendorf West eine Option sein könnte.
Welche Gewerbe wollen wir im Wohngebiet?
Christian Erhardt-Maciejewski bemängelt zudem die fehlende Einbindung der Wirtschaftstreibenden. Mit dem Wohngebiet sollen auch zusätzliche Gewerbeflächen entstehen. Die Stadt lasse aber völlig im Dunkeln, welche Art von Gewerbe das sein könnte. „Sprechen wir über ein Café, ist der Lärmpegel vor allem am Abend ein ganz anderer, als wenn ein Co-Working-Space entsteht, das vor allem tagsüber genutzt wird. Da muss ganz anders geplant werden, damit es später keinen Streit gibt“, so Erhardt-Maciejewski.
Liberale fordern öffentliche Diskussion über Geschosswohnungsbau
Neben der Wirtschaft müsse auch die Beteiligung der Bürger und der Grundstückseigentümer vor dem Beschluss stehen. Es mache einen erheblichen Unterschied, ob eine Stadt durch Ein- und Zweifamilienhäuser oder durch achtgeschossige Hochhäuser geprägt sei. Ein „Märkisches Viertel“ als neues Stadtzentrum von Hohen Neuendorf habe das Potential, die Stadtgesellschaft zu spalten. „Wir setzen uns grundsätzlich für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie für Reihenhäuser mit ausreichend Grünflächen ein statt für einen Geschosswohnungsbau.
Einzelne Ausnahmen im Stadtzentrum, wie etwa am Wildbergplatz geplant, sind denkbar, müssen aber breit diskutiert werden“, so Erhardt-Maciejewski. Die Liberalen wollen in den Ausschüssen diskutieren, dann aber eine Vertagung beantragen und die Diskussion nach den Kommunalwahlen im Sommer fortsetzen. Ziel solle eine finale Beschlussfassung über den Masterplan bis Ende des Jahres sein, das reiche zeitlich völlig aus. „Gründlichkeit statt Schnellschüsse“, fordert die FDP Hohen Neuendorf.
Update zum Masterplan über das Gebiet rund um die Himmelspagode
Der Stadtentwicklungsausschuss hat am 14. Mai 2024 mit der Mehrheit – trotz vieler Kritikpunkte – von CDU, SPD/Tierschutzpartei, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gegen die Stimmen der FDP und anderer Fraktionen den Masterplan empfohlen. Der Masterplan zum Gebiet rund um die Himmelpagode ist das Ergebnis eines “Werkstattverfahrens”, das Planer, Verwaltung und einzelne Stadtverordnete hinter verschlossenen Türen durchgeführt haben. In der Ausschusssitzung wurde versucht die Bedeutung des Masterplans herunterzuspielen. Tatsächlich wird der Masterplan jedoch die Vorgabe für die konkreten Bebauungspläne Nr. 73 und 74 werden. Der Masterplan soll nun in der SVV-Sitzung am 30. Mai final beschlossen werden. Hier ist der Masterplan einsehbar.
Update vom 30. Mai 2024: FDP-Antrag erfolgreich.
Nach intensiver, emotional geführter Debatte und teils fassungsloser Statements von Bürgern in der SVV-Sitzung am 30. Mai konnte auf Antrag der FDP eine Verweisung der Angelegenheit in die für Finanzen, Stadtentwicklung und Soziales zuständigen Ausschüsse erreicht werden. Stadtverordnete der FDP, des Stadtvereins und der Linken sowie vereinzelte Mitglieder anderer Fraktionen verlangten eine breite Vorab-Beteiligung der Bürger, bevor über den Masterplan endgültig entschieden wird. Eine knappe Mehrheit von 17 : 14 SVV-Mitgliedern (gegen die Stimmen des Bürgermeisters, der Grünen, der meisten CDU-Abgeordneten und einiger SPD-Stadtverordneter) unterstützte letztlich den FDP-Antrag. Das Thema wird nun im Herbst in den Ausschüssen wieder aufgerufen.